Gartenchinesisch für Anfänger

“Das ist schon arg früh für beinahe verblühte Krokusse”, sagte ich zum Neuhobbygärtner und somit Mitredenkönner, dem Herrn Kapitän. Ohne, dass dieser etwas sagen konnte, fiel Amadeus mir … äh, ihm, der eben antworten wollte ins nur gerade so gedachte Wort. “Krokeen!”, krakelte der Lüdde.
“Wat für`n Ding?”
“Na, Krokeen heißen die, nicht Krokusse.”
“Nein, Amadeus, die heißen Krokusse.”
“Nö. Krokeen.”
“Nach welcher Rechtschreibreform richtest du dich da?”
“Nach der, die auch bestimmt, dass es Kakteen heißt und nicht Kaktusse.”
Mir war irgendwie nicht nach Diskussionen und als der Kapitän mir beruhigend auf die Schulter klopfte, nahm ich es als Zeichen dafür, dass heute der Tag sein muss, an dem ich Fünfe gerade sein lasse.
Warum das eine Teen und das andere Tussen sind, das leuchtet auch mir Neunmalklugen nicht ein und ich finde es so unsinnig nicht Krokusse auch Krokeen nennen zu dürfen, seitdem sich Pizzen heuer ungestraft Pizzas nennen. Fakt ist nur, dass es eindeutig zu früh für deren Blüte ist. Der, der Krokusse, ist klar, nicht der, der Pizzen.

Zwei Zimmer, Küche und WC mit Schleiblick

“Amadeus? Komm mal bitte schnell…!”, rief Frau Neunmalklug nach mir. Ne, ich fang das anders an. Ich, Amadeus Rattzinger, bin nun das, was soundsoviel Prozent aller Söhne und Töchter irgendwann sind. Werden. Geworden sind. Wie auch immer. Ich bin ein Scheidungskind, und wie kann es anders sein, als dass ich mich weiter für ein Leben mit Frau Neunmalklug entschieden habe. Klar fehlt er mir, der Rasputin, aber die Neunmalkluge – so schlau sie auch sein mag – ist ohne mich doch aufgeschmissen … Also ging es zurück nach Vordäneland mit uns Dreien. Die Dame, der Finst der Fürsternis und meine Wenigkeit, und wir zogen so dicht an die Grenze Dänelands, dass man vorm Telefonieren besser dreimal aufs Handy schaut, weil es sonst teuer wird, wenn man sich unfreiwillig in Däneland eingewählt hat. Deekelsen nennt sich das Kaff – das sich mit knapp zehntausend Einwohnern tatsächlich Stadt nennen kann – in der TV-Serie ‘Der Landarzt’, Kappeln heißt es im echten Leben. Gar nicht so schlecht hier. Nett sind die Menschen, jeder grüßt jeden, und das neue Heim ist … Naja, typisch Frau Schlau eben. Kitschpalast und so.

Egal. Zurück zum Anfang dieser Geschichte. Frau Neunmalklug rief nach mir und ich quälte mich die steile Treppe ins Obergeschoss hinauf. Rufend kundtun, dass ich auf dem Weg bin. Gutwetter machen und so, und nicht zehnmal bitten lassen, ich habe noch etwas gutzumachen, aber das ist eine andere Geschichte. Ich quälte mich also die Treppe hinauf. Zehn Minuten später stand ich oben im Flur, ein Blick ins Schlafgemach … leer … also klopfte ich an die Tür des Waschsalons.
“Mach nicht so’n Gedöns und komm rein”, hörte ich Frau Neunmalklug sagen.
“Scherzkeks!”, antwortete ich, den Blick nach oben zur für mich unerreichbaren Klinke gerichtet.
“Sorry”, sagte Frau Neunmalklug, als sie öffnete und hüpfte sogleich von einem Bein aufs andere und begann unlieblich zu singen: “Scheißschleiblick, Hase, wir haben einen Scheißschleiblick …”
Ich bin ja einiges gewöhnt von ihr, und mir war klar, dass ich nicht nachfragen musste. Kaum gedacht, dass Frau Neunmalklug mich zeitnah aufklären wird, saß ich schon auf dem Thron.
“Guck!”, tirilierte Madame.
“Wohin?”
“Nun aber. Wo meinst du denn sollte sich ein Scheißschleiblick finden lassen, du Dummerchen … schau aus dem Fenster! Was siehst du?”
“Himmel, graublau.”
“Weiter unten!”
“Fensterrahmen weiß, Fensterbrett Kiefer.”
Neulich nannte der Kapitän sie Zwerg. Für einen Menschen mag sie klein sein, aber aus meiner Perspektive ist sie ein kleiner Riese.
Frau Naunmalklug seufzte, als ihr eben dies wie Schuppen von der Hornhautraspel fiel: “Noch mal sorry.”
Sie hob mich hoch, setzte mich auf ihre Schulter, sich selbst dann auf den Toilettendeckel, drehte den Kopf nach Links, ich folgte ihrem Blick und in der Tat: Man kann tatsächlich beim Scheißen auf die Schlei sehen. Gut, auch nur vom Thron aus und auch nur dann, wenn die Baumreihe vor dem ‘Fjord’ nicht mit Blattwerk bewachsen ist, aber immerhin.
Hohes Vordäneland? Find ich gut!
Amadeus